Digital unabhängig #6: Warum Spotify ein Problem ist (und was ich stattdessen höre)

Die letzten Tage war mein Instagram Feed voll mit Spotify Wrapped Posts. Alle teilen stolz ihre Jahresrückblicke, ihre Top-Artists, ihre Hörgewohnheiten. Und ich sitze da und denke mir: Fuck, wie abhängig sind wir eigentlich von dem kack Dienst geworden?

Diesmal betrifft mich das ganze nur am Rande, weil ich Spotify noch nie wirklich genutzt habe. Aber genau deswegen fällt mir immer wieder auf, wie krass mein Umfeld von diesem Laden abhängig ist. Und weil ich nicht nur motzen, sondern auch was Konstruktives beitragen will, hier mein Take zum Thema.

Mein persönliches Problem mit Spotify

Immer wieder passiert mir das Gleiche: Auf einer Party oder im Park drückt mir jemand sein Handy in die Hand. „Chris, mach mal einen Song an.“ Ich nehme das Handy, scanne die Stimmung, hab einen perfekten Track im Kopf – und dann: nicht auf Spotify.

Das ist kein Einzelfall und liegt nicht an meinem eklektischen Musikgeschmack. Das Problem ist fundamental: Auf Spotify gibt es nur Produkte. Keine Remixes die nicht lizensiert sind, keine spannenden Live-Medleys, keine Experimente. Nur Konserven, die genau so wie der Vorstand sie abgesegnet hat, kaufbar sind.

Nicht mal alle Vinyl-Releases der Artists sind verfügbar. Das liegt zwar an einem anderen Problem, aber das würde hier den Rahmen sprengen. Mich machts narrisch, wenn ich nicht die ganze Bibliothek eines Künstlers zur Verfügung habe.

Das echte Problem mit Spotify

Aber seien wir ehrlich: Mein persönlicher beef ist Kindergeburtstag im Vergleich zu den wirklichen Problemen.

Spotify hat sich neben den bekannten Problemen – schlechte Künstlervergütung, Algorithmus-Fokus, stetige Preiserhöhungen – inzwischen massiv in eine AI-getriebene Attention-Plattform verwandelt. Immer mehr AI-Müll dominiert die Oberfläche: generierte Playlists, Stimmen, Hintergrundmusik, automatisierte Empfehlungen. Menschliche Kuratierung wird systematisch verdrängt.

Dazu kommt: Das Unternehmen hat Werbung für ICE in den USA geschaltet und rund 600 Millionen US-Dollar in AI-bezogene „Rüstungs“- bzw. sicherheitsnahe Technologieprojekte gesteckt. Das macht die Plattform aus einer politischen und ethischen Perspektive noch problematischer und entfernt sie weit von der ursprünglichen „Musik zuerst“-Vision.

Was ich stattdessen nutze

Als alter Vinyl-DJ hab ich natürlich eine Flut an analogen Musikmedien, die ich ehrlich gesagt so gut wie nie höre – außer ich find mal was wieder nicht online und muss es unbedingt jetzt hören. Die letzten Wochen habe ich mal genauer aufgepasst, was ich den ganzen Tag so höre, und komme auf diese Aufteilung:

60% Internetradio

Ja, das gibt’s noch und ist sogar richtig valide. Zu meinen Lieblingsstationen gehören Dr. Dicks Dub Shack und audioasyl – beide Sender sind 24/7 online, haben super riesige Sound Pools und sind ohne Werbung. Als Abspielsoftware verwende ich am Handy Transistor (F-Droid) und am PC Screamer Radio. Auch beides ohne Werbung und Open Source.

30% YouTube Mixes

Ja, ich höre echt viel Sound auf YouTube. Der Grund, warum ich YouTube Music nicht mehr verwende: Gerade die Mixes die ich höre werden oft ewig nicht als Musik anerkannt und scheinen dann in der App nicht auf und mit dem Brave Browser brauch ich’s einfach nicht mehr.

10% Analoges/DJ-Musik

Ein bisschen Vinyl höre ich noch, oder Selbstproduziertes von Freunden, Gekauftes in der Bandcamp App und Geripptes von meinen CDs, selbstgehostet via Jellyfin.

Alternativen zu Spotify

Für alle, die doch einen Streaming-Dienst nutzen wollen oder müssen: Hier ist eine interaktive Übersicht der wichtigsten Alternativen mit allen relevanten Daten. Besonders interessant ist der Vergleich, wie viele Streams ein Artist braucht, um $1000 zu verdienen – da sieht man schnell, welche Plattformen wirklich artist-friendly sind.

Meine Empfehlungen

Wenn du wirklich bei einem Streaming-Dienst bleiben willst, dann schau dir zumindest die Alternativen an:

  • Napster – Beste Künstlervergütung (nur 60.000 Streams für $1000), Hi-Res Audio, solider Katalog; Meiner Meinung nach immer noch Street-Cred von früher 😎
  • Tidal – Zweitbeste Vergütung, von Jay-Z gegründet und US-Amerikanisch mit Artist-First-Ansatz, Hi-Res Audio
  • Qobuz – Fokus auf Audioqualität, variable aber faire Vergütung, besonders für Jazz/Klassik stark
  • Deezer – Guter Kompromiss mit Gratis-Version und Hi-Res Audio

Oder mach es wie ich: Mix aus Internetradio, YouTube (siehe Brave Browser am Handy), selbstgehosteten Sachen und dem gelegentlichen Vinyl-Abend. Ist vielfältiger, unabhängiger und macht mehr Spaß. Wichtig dabei ist nur: Kaufe Musik die du hörst und magst! Kaufe Vinyl, CDs, Kassetten oder den Digitalen release auf Bandcamp. Nur so kanns dir nicht mehr weggenommen werden.

Die Wahl liegt bei dir. Aber wenn du das nächste Mal deinen Spotify Wrapped teilst, denk kurz drüber nach, was du da eigentlich supportest.


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