Digitale Souveränität oder Lobby-Show? Warum Europa Open Source fallen lässt – und damit seine Zukunft verspielt

Wenn in Brüssel oder Berlin von „digitaler Souveränität“ gesprochen wird, klingt das erstmal nach Fortschritt. Nach Unabhängigkeit, Datenschutz, europäischer Stärke. Doch wer genauer hinschaut, merkt schnell: Der Begriff ist längst von Lobbyinteressen gekapert.

Beim „Digitale Souveränität“-Gipfel, über den Heise kürzlich berichtete, wurde deutlich, wie wenig echtes Verständnis für Open Source in der politischen Elite angekommen ist. Statt auf offene Standards, Transparenz und europäische Entwickler-Communitys zu setzen, träumt man offenbar davon, neue europäische Tech-Giganten heranzuzüchten – also proprietäre Plattformen, diesmal „Made in EU“.

Das Problem: Echte digitale Souveränität entsteht nicht durch neue Monopole, sondern durch Offenheit, Kooperation und Kontrolle über den eigenen Code. Open Source ist der einzige Weg, wie Staaten, Unternehmen und Bürger wirklich unabhängig agieren können – technisch, wirtschaftlich und ethisch.

Doch stattdessen will man anscheinend lieber das Silicon Valley nachbauen – inklusive geschlossener Systeme und Abhängigkeiten. Das ist nicht digitale Souveränität. Das ist ein Etikettenschwindel.

Wenn Politiker wie Merz oder Macron meinen, man müsse jetzt europäische Multis „fördern“, um mit den USA und China mitzuhalten, dann ignorieren sie, dass Europa längst eine Stärke hat, die keine andere Region besitzt: eine starke, vernetzte Open-Source-Community. Wer die schwächt, schadet nicht nur der Technologiebranche, sondern der digitalen Demokratie an sich.


Was besser wäre

Statt „europäische Google-Klone“ zu züchten, sollten wir endlich das leben, was digitale Souveränität wirklich bedeutet: selbst hosten und wirklich besitzen.

Wer seine Daten, Kommunikation oder Infrastruktur in fremde Hände legt, gibt Kontrolle ab – egal, ob der Server in Kalifornien oder Bad Vöslau steht.

Die Alternative ist da, sie funktioniert, und sie ist längst Alltag für viele Entwickler:innen, Kreative und Unternehmen:

  • Eigene Cloud-Lösungen mit Nextcloud oder Seafile
  • Eigene Mailserver oder datenschutzfreundliche Provider (Proton)
  • Selbst gehostete Webseiten und Shops statt SaaS-Abos mit Lock-in-Effekt

In meiner Blogserie „Digital unabhängig“ zeige ich genau, wie das geht – Schritt für Schritt, praxisnah und ohne Dogmatismus. Wer auf der suche nach noch mehr open source Software ist wird hier fündig.
Denn echte digitale Freiheit heißt: Die Infrastruktur gehört dir. Nicht einem Konzern. Nicht einem Staat.